Versicherertaktiken und -praktiken
Den Kfz-Versicherern Ihres Unfallgegners steht ein umfangreiches Arsenal an Einwendungen und Gestaltungsmöglichkeiten in der Schadenregulierung zur Verfügung, wovon zwecks „Kostenoptimierung“ natürlich auch „bis zur Neige“ Gebrauch gemacht wird. Der Fairness halber möchte ich vorab anmerken, dass die Regulierungskultur der Versicherer durchaus bzw. graduell unterschiedlich ist. Das Klima in der Schadenregulierung gestaltet sich mit den regionalen Versicherern z.T. etwas „angenehmer“ als mit den „Marktführern“ bzw. den Direkt-Versicherern, geschenkt wird den Geschädigten allerdings nichts! Auch regionale Versicherer entwickeln meinen Erfahrungen nach in Teilbereichen „Zahlungsvermeidungsmentalitäten“, die die Geschädigten bewusst in Prozesse treiben soll.
Ich möchte Ihnen hier einige Praktiken der Versicherer darstellen, die im Ergebnis schlicht und einfach darauf ausgerichtet sind, selbst berechtigte Ansprüche zu kürzen. Natürlich kann ich nachfolgend nur einige Dinge in verkürzter Form darstellen, wobei Sie mein Selbstverständnis als „Geschädigten-Anwalt“ berücksichtigen bzw. auch entschuldigen möchten.
„Ran an den Geschädigten“ – Der Wettlauf beginnt!
Immer mehr Versicherer versuchen in insofern professionell organisierter Weise, möglichst früh bzw. als erstes an die Geschädigten heran zu kommen, um die Steuerung des Schadens im eigenen Sinne zu übernehmen. Schreiben und Anrufe noch am Unfalltag an bzw. bei den Geschädigten sollen diese davon abhalten, Kontakt zu unabhängigen Sachverständigen und insbesondere Verkehrsanwälten aufzunehmen, da diese aus Sicht der Versicherer besonders „gefährlich“ sind. Der Sachverständige stellt den Schaden neutral und ohne Berücksichtigung der Interessen des Versicherers fest, der versierte Verkehrsanwalt informiert die Geschädigten umfänglich über alle Ansprüche, die geltend gemacht werden können. Darüber hinaus haben die Versicherer noch die Kosten der Sachverständigen und Anwälte zu tragen, das muss aus dortiger Sicht verhindert werden.
Ist der Geschädigte erst „in den Fängen“ des Versicherers, kann man die Regulierung im eigenen Sinne steuern und zu Lasten der Geschädigten Kosten optimieren. Was auf der einen Seite allerdings „optimiert“ wird, muss nach „Ying und Yang“ woanders gekürzt werden, alles muss ja immer und irgendwann im Ausgleich sein. Lehnen Sie also jede Form von „Unfallhilfe“ ab, insbesondere wenn diese von Versicherern allzu freundlich an Sie herangetragen wird!
Bestreiten der Unfallkausalität von Schäden und Verletzungen
Diese Argumentation findet sich bei den Sachschäden einerseits, bei der Geltendmachung von Personenschäden, insbesondere bei den „HWS-Distorsionen“ andererseits. Insofern wird bereits und unabhängig vom Haftungsgrund (Verursachung, Verschulden, Betriebsgefahr usw.) bestritten, für ein Unfallereignis einstandspflichtig zu sein.
Die Versicherer nehmen an dieser Stelle in Abrede, dass das behauptete Unfallereignis überhaupt stattgefunden hat bzw. geeignet gewesen sei, den vorgetragenen Sach- bzw. Personenschaden herbeizuführen. Im gleichen Atemzug wird sodann im Hinblick auf den Sachschaden oft auch ein „Vorschaden“ behauptet. Wenn auch dass noch nicht ausreicht, wird zusätzlich unterstellt, man wolle einen Vorschaden in betrügerischer Absicht anlässlich des behaupteten Unfallereignisses mit abrechnen, sich also zu Unrecht bereichern.
Bei Personenschäden, insb. bei „HWS-Distorsionen“ bzw. beim „Schleudertrauma“ wird zunächst behauptet, die bei dem Unfallereignis aufgetretenen „Beschleunigungskräfte“ bzw. die „Insassenbeschleunigung“ sei nicht ausreichend dafür gewesen, die geklagten Verletzungen bzw. Beschwerden auszulösen, die erforderliche und sog. „Primärverletzung“ wird also bestritten. Ansonsten habe die vermeintlich verletzte Person eine „Vorschädigung“, die Beschwerden hätten zum Unfallzeitpunkt bereits bestanden, im übrigen seien Nacken- und Schulterspannungen usw. ein alltägliches Phänomen durch falsche Haltung, Bürotätigkeit und allerlei andere ungesunde Dinge. Zumindest sei aber die attestierte Arbeitsunfähigkeit der Dauer nach nicht unfallbedingt und es wird dann dahingehend argumentiert, dass ein „Gesunder“ nicht so lange erkrankt gewesen wäre, mithin die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bestritten.
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